Hanf, Flachs, Fasernessel & Co
– Pflanzenfasern auf dem Vormarsch

Hanf ist neben dem Faserlein eine bedeutende Faserpflanze in Europa. Nach jahrelangem Rückgang des Hanfanbaus in Deutschland konnte in den letzten Jahren wieder eine Zunahme des Hanfanbaus verzeichnet werden.

Die Hauptnutzungen des angebauten Hanfes sind

  • die Produktion von Nahrung aus den Saaten,
  • CBD aus den Blättern
  • und von Fasern aus dem Pflanzenstängeln für die Anwendung im Bereich Zellstoff, Vliesstoff für Automotiv und Baustoff (Dämm- und Verbundstoffe).

Die Nachfrage nach textilen Rohstoffen ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen, konnte aber technologiebedingt nicht durch einheimische Rohstoffe gedeckt werden. Hier spielen Bekleidungstextilien (Oberbekleidung) und Composite-Bauteile (Sportgeräte, Mikromobilitätsbereich, Konstruktionsbauteile als Glasfaserersatz) eine bedeutende Rolle mit exponentiellem Wachstum.

Zurückzuführen ist das u.a. auf

  • die zunehmende Ökologisierung des Non Food-Bereichs
  • die Mikroplastikdiskussion
  • wachsende Bedeutung regionaler Produktion (Klimaschutz)
  • das Ansteigen der CO2-Steuer auf nicht regenerierbare Rohstoffe
  • technologische Vorteile (Leichtbaupotenzial, Feuchtetransport, etc.)
Hanfpflanzen
Anbaufeld mit Hanfpflanzen

Aufschlussanlagen

Voraussetzung für Aufschluss hochwertiger Fasern sind moderne und leistungsfähige Faseraufschlussanlagen.

Der Rückgang der Anbauflächen war zur Jahrtausendwende rückführbar auf den Wegfall der gesonderten EU-Beihilfen für den Hanf- und Flachsanbau und die Angleichung der Flächenbeihilfe an das Niveau für Getreide bei gleichzeitiger nationaler Förderung der Biogasgewinnung. Später wurden auch die Beihilfen für die Erstverarbeitung von Hanf im Jahr 2008 eingestellt. Infolgedessen ging die Zahl der bestehenden Faseraufschlussanlagen bis auf einige in Deutschland wenige zurück. (Lühr, Carsten: Optimieren der Reinigung von Hanfschäben im axialen Fluss. Dissertation 2016)

Im Gegensatz haben sich Anlagen für Hanf und Flachs in Frankreich und Belgien in dieser Zeit behaupten können, verfolgten Sie konsequent das Ziel hochwertige Rohstoffe für anspruchsvolle Märkte herzustellen.

Mehrere Möglichkeiten zum Aufschluss von Bastfaserpflanzen werden derzeit weltweit in unterschiedlicher Intensität praktiziert:

  • mechanische Verfahren (Langfaserverschwingen, Ganzpflanzenverarbeitung durch Brecher- bzw. Hammermühlentechnologie zur Trennung der Faserbündel vom Holz und der Kittsubstanzen zwischen den Fasern)
  • physikalische Verfahren (z.B. Hochdruck-Dampfaufschluss)
  • chemische Verfahren (z.B. Natronaufschluss und Sulfidverfahren)

Alle Aufschlussverfahren sind miteinander kombinierbar. Sie dienen im Wesentlichen der Trennung der Bastfaser vom Holz und der Verbesserung der Faserqualität.

Weiterentwicklung des Faseraufschlusses

Im Gegensatz zu Verfahren der Verarbeitung von Bastfasern zu Halbzeugen und Finalprodukten stand die Weiterentwicklung des Faseraufschlusses zu hochwertigen Rohstoffen in den letzten 20 Jahren weniger im Mittelpunkt von Forschungsprojekte. Das jahrtausendealte und aus qualitativer Sicht bewährte Wasserröstverfahren schied für den mitteleuropäischen Raum aufgrund der Abwasserproblematik und der Geruchsbelästigung aus. Die Wirtschaftlichkeit litt zudem unter den steigenden Energiekosten.